Eine Osttirolerin und deren Sohn wurden wegen „grob fahrlässiger Tötung“ am Landesgericht Innsbruck zu einer bedingten Haft- und einer unbedingten Geldstrafe verurteilt.
Ursprünglich wegen des „Quälens einer wehrlosen Person“ standen am Dienstag eine Osttirolerin und deren Sohn in Innsbruck vor Gericht. Beim Prozess wurden Verhältnisse offenbar, die man sich nur schwer vorstellen kann: Großmutter, Mutter und Sohn wohnten gemeinsam in einer Wohnung. Weder die 59-jährige Mutter noch deren 31-jähriger Sohn arbeiteten, sondern lebten beide von der Pension der 84-jährigen Großmutter mit. Kontakte mit der Außenwelt bestanden wenige.
Bis zum 18. Mai 2025 war die Großmutter noch recht rüstig, abgesehen von kleineren Schwindelattacken. Doch an jenem Tag habe es, so der 31-Jährige, einen „Rumpler“ gegeben. Die Großmutter war vom Diwan in der Küche, auf dem sie normalerweise lag und auch schlief, auf den Boden gestürzt. Von diesem stand sie auch nicht mehr auf, bis sie acht Tage später verstarb.
Weder die erstangeklagte Mutter noch der zweitangeklagte Sohn riefen in dieser Zeit einen Krankenwagen oder holten sonst irgendwie Hilfe. Die 59-Jährige berief sich vor Richter Paul Menardi dabei stets auf den Willen der alten Frau: „Sie hat das nicht gewollt, weil sie Angst hatte, ins Heim zu kommen. Das war für sie das Schlimmste.“ Daher habe sie ihr zuerst eine Matratze auf den Boden gelegt, als die 84-jährige auch auf dieser nicht mehr liegen wollte, habe sie ihr eine Decke hingelegt. Dort habe sie ihrer Mutter Kakao, Wasser, Spaghetti-Sauce oder Suppe verabreicht. Handtücher hätten notdürftig als Windeln herhalten müssen. „Nein, das war schon auch für mich schlimm, das ansehen zu müssen“, schilderte die Erstangeklagte. Aber es sei nun einmal der Wille der Mutter gewesen und den habe sie respektiert: „Ich habe nur das Beste für sie gewollt und ich würde es auch wieder so machen.“
Der Enkel, der in der Regel erst mittags aufstand, habe sich nicht weiter um die Oma gekümmert: „Für die Versorgung war die Mutter zuständig.“ Und diese Versorgung war offenbar unzulänglich, denn die 84-Jährige verstarb letztlich an einem Flüssigkeitsmangel und hatte vom Liegen auf dem harten Boden wunde Stellen, die laut Sachverständiger dringend medizinisch behandelt hätten werden müssen. Die Gerichtsmedizinerin führte allerdings auch aus, dass es durch den kolportierten Sturz keine gravierenden Verletzungen gegeben habe, die die alte Frau daran gehindert hätten, einfach wieder aufzustehen.
Unter anderem diese Aussage führte letztlich dazu, dass der Schöffensenat die ursprüngliche Anklage wegen „Quälens einer wehrlosen Person“ verwarf, denn hilflos sei sie nicht gewesen. Stattdessen wurden Mutter und Sohn wegen grob fahrlässiger Tötung verurteilt. Richter Paul Menardi: „Ein grob fahrlässiges Verhalten ist beiden vorhaltbar. Die Pflege war medizinisch völlig unzureichend. Der Tod der Frau war unter diesen Umständen geradezu voraussehbar.“ Die beiden Angeklagten erhielten jeweils eine bedingte Haftstrafe von fünf Monaten, die Mutter eine unbedingte Geldstrafe von 960 Euro, der Sohn muss 1200 Euro bezahlen. Die Angeklagten erbaten drei Tage Bedenkzeit.
UAS